Einen besonderen Schritt ging das Heinrich-Heine-Gymnasium am 24. Juni 2025: Wir wurden offiziell Partnerschule des Schauspiel Stuttgart. Burkhard C. Kosminiski, der Intendant des Staatstheaters, kam persönlich zur Gesamtlehrerkonferenz, um diese besondere Möglichkeit gemeinsam mit Theaterpädagogin Anke Marx vorzustellen. So hat das HHG nun ein besonderes Kartenkontingent, kann sogar Wünsche für Inszenierungen mit auf den Weg geben, künftige Projekte oder gar Projekttage in Kooperation mit dem Schauspielhaus starten oder an Workshops teilnehmen. Selbstverständlich gehören dazu Theaterbesuche, aber auch Führungen hinter die Kulissen oder Fortbildungen für die Kolleginnen und Kollegen sind angedacht. Ein reger Austausch zwischen Schule und Theaterarbeit also, der im Kollegium ohne Gegenstimmen verabschiedet wurde.
Kosminski, der Schauspiel und Regie unter anderem in New York studierte und seit 2018 am Staatstheater Stuttgart Intendant ist, spricht sich stets für die Wertschätzung der Kulturlandschaft aus. Er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass Schule ein Raum sein kann, in dem ganz individuell Chancen geschaffen werden, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Gerade für Schülerinnen und Schüler, die außerhalb der Schule wenig Zugang zu Kultur haben, bietet die Schulpartnerschaft eine große Chance. Ob im Theater, in der Kunst, Musik oder Literatur – Kultur bietet die Möglichkeit, den eigenen Horizont zu erweitern, die Gesellschaft zu verstehen und zu hinterfragen, möglicherweise sogar dazu, ein eigenes Talent zu entwickeln oder zu fördern.
Sein Besuch am HHG begann mit einer Gesprächsrunde für die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Deutsch, die spannende Fragen stellten. Wie sein Alltag aussehe, wurde da ebenso erfragt wie konkrete Details der letzten Inszenierung. „Theater ist immer ein Prozess“, erläuterte er. „Man muss sich überlegen, welche Kernelemente man in den Mittelpunkt stellen will und von da an entwickelt man weiter. Wenn die Figur diese Eigenschaft hat – welche Requisite benutzt sie dann? Wie kann ich diesen Charakterzug darstellen? Wie steht die Figur dann zur anderen? Kann ich diese Beziehung auch kreativ umsetzen? Und natürlich macht man all das im Team. Im Gespräch mit dem Kulissenbauer tauchen plötzlich neue Ideen auf. Und dann kommen die Schauspieler hinzu und schlagen Dinge vor, an die ich nie gedacht hätte.“
Diese Kreativität, die er beschreibt, sei nicht nur in seinem Beruf von Bedeutung, sondern auch in der häufig als so konträr angesehenen Wirtschaft und Technik. „Viele CEOs legen Wert auf Kultur und ziehen uns für Workshops heran.“ Auch in der Bewerbungsphase kenne er persönlich Chefs namhafter Unternehmen, die bewusst nach dem letzten Theaterbesuch fragen. Sie hätten so viele Bewerber, die fachlich kompetent sind. „Aber kreativ zu denken, neue Lösungsansätze zu finden – das traut man eher Menschen zu, die sich auch mit Theater, Kunst und Kultur beschäftigen.“
Das hinterlässt Eindruck bei den Schülerinnen und Schülern, wie auch sein persönlicher Werdegang. Sein Deutschlehrer war es, der ihm den Weg zum Theater eröffnet hat. „Ohne diesen Lehrer hätte ich mich nicht für Theater interessiert – einfach, weil ich es nicht kannte. Und nun ist in meinem Fall sogar eine Karriere daraus geworden.“
Aber Kosminski lässt sich nicht nur befragen, er fragt auch aktiv nach. Welche Beziehung haben die Leistungskursler zum Theater? Wissen sie um die Möglichkeit, an günstige Schülerkarten zu kommen? Was fehlt ihnen, um begeistertes und regelmäßiges Publikum zu sein? Man merkt Kosminski an, dass er die Kooperation zwischen Theater und Schule nicht nur auf dem Papier festhält, sondern mit möglichst viel Leben füllen möchte.
Von Julia Schönthaler